Wie versprochen der “Bericht” über mein gestriges Erlebnis mit einer Pinotage, einer roten, früh reifenden und sehr zuckerhaltigen Rebsorte, die überwiegend in Südafrika angebaut wird. Ich verzichte dabei bewusst auf ampelographische und önologische Fachbegriffe und versuche meine Eindrücke eher bildhaft darzustellen. Nach meinem Ritual (geöffnete Flasche 10 Minuten stehen lassen, danach den Wein im Glas noch 5 Minuten atmen lassen), sollte mir ein Trinkerlebnis mit einigen Überraschungen bevorstehen.
Nachdem schon die Nase (der Geruch) mit reifen Früchten und einer betörenden Süsse auf sich aufmerksam und Lust auf den ersten Schluck machte, beeindruckte auch die tiefdunkelrote Farbe mit rubinroten Reflexen. Ich muss dazu anmerken, dass es mir persönlich einen grossen Spass macht, das Glas vor einer weissen Lichtquelle zu schwenken und die Reflexionen zu beobachten.
Bereits beim ersten Schluck bekam ich einen Vorgeschmack auf das, was im Anschluss noch kommen sollte. Im Gegensatz zum spät reifenden Cabernet Sauvignon, kam die von mir verkostete Pinotage fast ungestüm daher. Mit einer Frische und Kühle am Gaumen, die sogar etwas prickelndes an sich hatte. Und eine Süsse, die vielleicht nicht jedermanns Sache ist, aber zu diesem Wein dazu gehört. Wie eine Pinotage überhaupt eine Sorte ist, mit der man sich auseinandersetzen und mit ihr beschäftigen muss. Fast könnte man sagen, man muss eine Pinotage an sich “heran lassen”.
Konträr zu tanninreichen (viel Gerbstoffe) Weinen versucht eine Pinotage mit Süsse, Frucht, Leichtigkeit und vor allem einer gewissen klimatisch bedingten Kühle und Frische von ihrem Trinker Besitz zu ergreifen.
Für mich persönlich fühlte sich dieser Tropfen wie ein reifer Cabernet Sauvignon auf Speed an. Sicherlich gewagt diese Aussage, nachdem aber die sinnlichen Empfindungen jedes Weintrinkers immer nur subjektiv sind, ein Vergleich der zulässig ist.
Was den Wein letztlich interessant gemacht hat, war nach dem ersten, das zweite Glas. Mit zunehmender Aufnahme von Sauerstoff wurde die Pinotage “ruhiger”, runder und “langsamer”. Hatte man beim ersten Glas noch den Eindruck, dass dieser Wein es “eilig” hat den Gaumen zu erobern und ihm alles zu zeigen was er kann, so liess er sich ab dem zweiten etwas mehr Zeit, wurde geschmeidiger am Gaumen und beeindruckte mit einer zwar gewöhnungsbedürftigen, aber durchaus angenehmen Süsse. Cabernet Sauvignon-Fans könnten diese Rebsorte mögen, ist sie nämlich noch fruchtiger und dazu noch äusserst frisch.
In Summe hat sich dieses Experiment gelohnt und ich werde sicher noch eine Kiste nachkaufen. Ist es doch ein Wein der Spass macht, der Kühle ausstrahlt und trotz seiner 14% Alkohol leicht zu trinken ist. Ein Wein der rasch zu einer “heimlichen Geliebten” werden kann. Das Potential dazu hat er.
Für Interessierte noch ein paar zusätzliche Fakten zu diesem äusserst interessanten Wein:
Produzent: Springfontein
Geerntet wurden die Trauben im Februar 2007 und nach 11-monatiger Reifung im Eichenfass im Jänner 2008 in Flaschen abgefüllt.
Insgesamt wurden von dieser 100% sortenreinen Pinotage nur 25 400 Flaschen abgefüllt. Der Wein ist bereits als junger Wein “trinkfertig” und hat nicht all zuviel Lagerpotential (max. 5 Jahre).
Die Pinotage war mir bis zum Südafrika-Urlaub überhaupt kein Begriff. Aber schon beim ersten Abendessen wurde uns eine Flasche dieser Traube empfohlen und was soll ich sagen – es wurde der absolute Lieblingswein. Ich kann die Pinotage von Bolland Cellar empfehlen – eine absolute Geschmacksexplosion. Zum Glück lebe ich nicht in SA – ich glaube ich würde mich zum Alkoholiker entwickeln. Wenn ich nur aufhören könnt!
@Margeaux: Welcome! Ich kann dich sehr gut verstehen. Entweder man mag diese Sorte oder nicht. Ich denke es gibt da nicht wirklich einen Kompromiss :)