Wie versprochen der Bericht über den Club of Plenty und die Künstlerköche von AO&. Ein Genusserlebnis der Extraklasse.
Die Künstlergruppe AO& (Thomas A. Wisser, Philipp Furtenbach, Philipp Riccabona und Rainer Fehlinger) stellt sich dem seelen- und freudlosen Prozess der raschen ‘Nahrungsaufnahme’ mit einem Konzept entgegen, wie es erfrischender, authentischer und aussergewöhnlicher nicht sein könnte. Das beginnt schon damit, dass man den Ort wo die Gruppe grade aufkocht, suchen muss. Keine Werbung, keine Hinweise, versteckt, irgendwo in einer von irgendwem zur Verfügung gestellten Location. Das kann in einer Galerie in New York oder in einem Container in einem Steinbruch sein, es kann in einer aufgelassenen Brotfabrik oder in einer herunter gekommenen Lagerhalle in Barcelona sein. Eines haben all diese Orte aber gemeinsam; sie werden von AO& zuerst adaptiert, umgebaut, neu gestaltet. Aktuell kochen die drei in der Wiener Innenstadt in einer ehemaligen Boutique, welche sie zu einer Art Katakombengewölbe umgestaltet haben, gross auf und zeigen den Gästen was es heisst, auch den einfachsten Imbiss auf ein Genussniveau höchster Qualität zu bringen.
Schon der Eintritt ist ein Erlebnis besonderer Art. Man steht sofort in der Küche. Mittendrin, zwischen Gästen die sich bereits ins obligatorisch auszufüllende Gäste-Registrierbuch eingetragen haben. Danach kann man wählen wo man sich dem Genuss hingeben will. Bleibt man gleich in der Küche stehen und schaut den ‘Köchen’ bei der Arbeit zu, oder begibt man sich an den einzigen Tisch im eigens umgebauten Bereich, der in Form einer überdimensionalen Tafel den Raum füllt.
Man sitzt dann auf breiten Sofabänken, weich und gemütlich und findet sich ganz plötzlich in einer Welt wieder, wo die Zeit keinen Zutritt hat. Als hätte man sie einfach draussen gelassen. Hier steht der entspannte Genuss, das Wieder-Entdecken von ‘Nahrung zu sich nehmen’ und seinen Imbiss zu ‘zelebrieren’ im Vordergrund. Wer sich dazu entschlossen hat hier Platz zu nehmen, der ist auf seinem Weg Essen wieder mehr zu ‘erleben’ einen Schritt näher gekommen.
In der Küche wird gekocht, richtig gekocht, und man riecht was in den Töpfen schmort und köchelt. Man hört die Messer hacken, den Mixen rühren und ist Teil dieses Prozesses. Was hier auf den Tisch kommt ist allerfeinste Ware, kein Industriefutter, keine nicht zu identifizierenden Lebensmittel aus China, Ecuador oder aus Botswana. Regional, gute und auch selbstgemachte Lebensmittel finden hier ihren Weg in die Töpfe und Pfannen und was dann in der Schüssel und am Teller landet ist das, was man gemeinhin als ‘richtigen Imbiss’ bezeichnet.
Zum Essen gibt es übrigens nur was es gerade gibt. In meinem Fall war das ein Haus- und handgemachtes Szegediner Gulasch, bei uns auch als Krautfleisch bekannt und leider allzu oft auf besagte zwei Zutaten reduziert. Dieses Szegediner Gulasch allerdings entpuppte sich als Leckerbissen allerfeinster Güte. Ohne auf die einzelnen deliziösen Details einzugehen nur soviel; das Fleisch darin war weich wie Butter und zerfiel schon nur beim Hinsehen.
An der ‘Tafel’ herrscht eine Form von Harmonie wie man sie in einem Wirtshaus oder ähnlichen Lokalen nicht findet. Hier finden sich Menschen aller Schichten zu etwas zusammen was verloren gegangen schien, vielleicht auch ist. Man zelebriert gemeinsam was einem hier geboten wird, tauscht sich über Ess- und Genusskultur aus, legt einen Zwischenstopp in der Küche ein und schaut was in den Töpfen köchelt, trinkt ein Glas Wein mit dem Koch, oder dem Künstler, und tauscht sich ungezwungen über den Genuss an sich aus.
Wer glaubt dieses ‘Stehachterl’ mit billigem Massenwein tun zu müssen wird auch hier überrascht. Man kredenzt die besten Weine Österreichs, unter anderem von Winzern mit Weltruf wie Roland Velich (Moric) und Uwe Schiefer (Szapary, Pala, etc.). Ausgeschenkt in Zalto-Gläsern aus der weltberühmten Waldviertler Glasmanufaktur. Wer einmal Wein aus diesen Gläsern getrunken hat wird kein anderes Glas mehr wollen. Auch das gehört bei AO& zur Genusskultur und untermauert deren Idee, Genuss und Qualität zu einem stimmigen Ganzen zu vereinen und einen Imbiss zu einem richtigen Event werden zu lassen. Verbunden mit dem aussergewöhnlichen Erlebnis in eine andere Welt eintauchen zu dürfen, ein wenig ‘back to the roots’ zu kommen und sich vom rasenden ‘Zeitverbrauch’ ein wenig zurück zu holen.
Wer nun berechtigt glaubt, dass soviel Genuss einen ebenso entsprechenden Preis haben muss, der wird zum dritten Mal überrascht. Im positivsten Sinne. Denn für ein vorzügliches, aus frischesten Zutaten hausgemachtes Szegediner Gulasch und zwei Gläser feinsten Weines einen Betrag von gerademal 11 Euro entrichten zu dürfen, ist fast schon unanständig günstig.
Wer sich ab und zu auf ein zwei Gläser ‘Industriewein’ in gehobenen Locations in der Innenstadt niederlässt der weiss, dass in diesem Fall das Gulasch mehr als geschenkt ist. Für so viel günstigen Genuss gibt man dann gerne 15 Euro und verabschiedet sich mit einem zufriedenen Lächeln im Gesicht. Und bedauert, dass die ‘Kochnomaden’ in Kürze wieder weiterziehen, um ihre Botschaft des Genusses unters Volk zu bringen.
Einen vollständigen Bericht und alles über den aussergewöhnlichen “Club of Plenty” gibt es auch hier und hier zu lesen.
11 Euro für ein solches Erlebnis sind ja fast geschenkt. Jedenfalls habe ich schon rein durch das Lesen Lust darauf bekommen. Nicht auszudenken, wie toll es erst gewesen sein muss, an einer solchen Veranstaltung live teilnehmen zu können und für ein Weilchen der Hektik des Alltags entfliehen zu können.
@Sascha: Oh ja, da hast Du recht. Es war wirklich so gut wie geschenkt und vor allem einfach wunderbar, dort dabei sein zu dürfen.